Unser Kommentar zur Haushaltsplanung 2023 – in der Kreistagssitzung am 22. Dezember 2022 –

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrter Herr Vorsitzende, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

mit dem Haushalt steuert der Kreistag die Verwaltung und entscheidet, wohin sich der Landkreis entwickeln soll und welche Herausforderungen im nächsten Jahr angegangen werden.

Herausforderungen des Landkreises Vechta konnten wir im letzten Jahr alle debattieren –in einer oft sehr wertschätzenden Diskussionskultur, einem konstruktiven Miteinander und dem Entschluss zur Konsensfindung. Konsens ist nicht immer leicht, wenn die einen von Paludikultur sinnen und die anderen das Jagdrecht am Dümmer nicht außer Acht lassen möchten. Wenn es schmerzt, dass der Wert alter, gesunder Bäume nicht gesehen wird, sondern dem Asphalt weichen soll, wo es höchstens vordergründig nötig scheint. Hier müssen wir Interessen nach neuem Maß abwägen und uns ganz klar machen, was wir verlieren werden, wenn wir den Wert unserer natürlichen Ressourcen weiterhin als nachrangig betrachten. 

Der Religionsphilosoph Martin Buber sagte Du kannst dein Leben nicht verlängern, nur vertiefen.“ 
So schnell, wie unser erstes gemeinsames Kreistagsjahr vorüberging, müssen wir mit Mut in die Tiefe gehen, in jede noch so unangenehme Diskussion, die an dem Status Quo rüttelt. Es ist unsere Verantwortung über kurzfristige Interessen hinauszusehen. 
Man könnte Bubers Zitat auch kurz in „jetzt oder nie“ übersetzen. Es drängt die Zeit, das „JETZT“ in den verbleibenden vier Jahren umzusetzen. Noch immer sehen wir einen klar ungenügenden Fokus auf Klima- und Umweltschutz, der sowohl auf den ersten Seiten des Haushaltsplanes Erwähnung als auch in allen Teilhaushalten Beachtung finden muss – es aber nicht tut entgegen unserer gemeinsamen Lippenbekenntnisse. Gemeinsam haben wir als Kreistag am 28.04.2022 beschlossen, ein integriertes Klimaschutzkonzept zu erstellen, messbare Richtlinien zu entwickeln, die in wirklich alle Entscheidungen der Kreistagspolitik einfließen sollen und ebenfalls weitere Fördermittel für Maßnahmen zu prüfen. Denn: 

  • Wer, wenn nicht wir, wird den Anreiz setzen, den Ausstoß von Treibhausgasen im Landkreis drastisch zu reduzieren? 
  • Wer, wenn nicht wir, wird die gebündelte Strategie einer klimafreundlichen Mobilität im Landkreis entwickeln, die auch das Potenzial der Digitalisierung intelligent nutzt, um Verkehrsbelastungen und Staus deutlich zu verringern? 
  • Wer, wenn nicht wir, war und ist sich einig, dass die Nutzung des ÖPVNs nicht nur zum Klimaschutz beiträgt, sondern der Bevölkerung Lebensqualität verschafft. Eine Lebensqualität, die über den nächsten Famila-Markt mit einem großflächigen Parkplatz hinaus reicht. In der letzten Kreisausschusssitzung wurde ein Fokus auf den ÖPNV für 2023 genannt, was uns als Fraktion freut, aber wo sehe ich diesen Fokus im Haushaltsplan, wenn von Einsparungen im ÖPNV die Rede ist?

Wir müssen innovativer sein als ein solider Haushaltsplan.

Wir werden über 16 Millionen €uro Verschuldung 2023 mittragen. Für den Haushalt 2024 müssen wir uns noch mehr als zuvor darum bemühen, höhere Einnahmen zu erlangen und schauen, wo es möglich ist, Ausgaben zu kürzen, ohne dabei die Kleinen- und Mittelständigen Unternehmer:innen weiter zu belastet. Den Kommunen müssen wir aber jetzt schon das klare Zeichen geben, dass eine Kreisumlage bei 34% dann nicht mehr bestand hat. 

Ein Weiter-So gilt der großartigen Leistung des Landkreises in der Bildungs- und Kulturförderung. Wie man in dem Erweiterungsbau des Gymnasiums in Lohne oder an den Investitionen an der Justus-von-Liebig-Schule in Vechta sehen kann. Ebenfalls der Breitensport und die Musikschulen im LK können sich auf die Unterstützung verlassen. Vernachlässigt wird leider die Bildende Kunst, diese könnte in der Zukunft auch Anerkennung bekommen. 


Für 2023
 wünschen wir uns von der Fraktion die Grünen im Landkreis mehr Mut. Mehr Mut im Klimaschutz, der endlich messbar gemacht wird, mehr Mut im zukunftsorientierten Bodenschutz, der mehr als eine Wahlperiode gedacht ist, sondern strategisch das Trink- und Grundwassermanagement der nächsten drei Generationen in den Blick nimmt. Mehr Mut in der Differenzierung von Interessengemeinschaften, z.B. an der Dümmerniederung (hätten Vögel oder Fische eine Lobby, würden sie das Recht auf Landbesitz sicherlich etwas anders auslegen).

Spätestens bei der Wahl zum zweiten Kreisrat sprachen wir über Fachkräftemangel und das Problem qualifizierter Bewerber:innen. Wenn unsere Verwaltung ein Spiegel der Gesellschaft sein möchte und in ihren Personalbesetzungen geschlechtliche und generelle Vielfalt demonstrieren, ja leben will, dann sehen Sie ab von Fußnoten, die in einem Satz beschämend sichtbar machen möchte, was doch unsichtbar bleiben soll. Nicht nur können wir es uns wirtschaftlich nicht leisten, einen rein männlichen Stellenplan zu veröffentlichen, noch können wir ethisch vertreten, mit dieser Formulierung ein System zu erhalten, das alles Nicht-Männliche als Ausnahme betitelt. 

Rechnungswesen bildet nicht nur ab was ist, sondern das, was sein kann. Es ist politisches Steuerungselement der Zukunft. Gerade über den Haushalt haben wir die transparente Chance, sozioökonomische Ungleichheit zu adressieren. 

Unter dem Strich:

Wir fordern, den hier gesprochenen Worten auch Taten folgen zu lassen. Fordern, alle Anstrengungen, die wir für Klimaschutz, Naturschutz, Kultur, Mobilität aber auch für eine soziale Gerechtigkeit unternehmen in unserer Region zu realisieren.
Darum geht es uns. Das Zeitfenster, der Klimakrise noch aktiv begegnen zu können, schließt sich, sonst steuern wir auch eine „unlivable world“ zu, wie es wörtlich im letzten IPCC-Bericht steht. Und Klimaschutz beginnt genau hier. Wir stellen darüber die Weichen für unsere Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaftsregion ebenso wie für die Zukunft nachfolgender Generation auch im Landkreis Vechta. Das ist unser aller Verantwortung und das werden wir unermüdlich einfordern.

Danke

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